Ostseerund 2022
![](https://www.asg-kiel.de/wp-content/uploads/2023/03/haparanda_stander-1024x768.jpg)
Ein Reisebericht einer ganz besonderen Tour.
Verfasst von Jan & Jürgen
10.Mai 2022 07:10 Uhr kann ich nach 3 Jahren Ansparen von Zeitguthaben auf eienm Langzeitarbeitskonto und 2 Jahren Verschiebung wegen der CORONA-Epedemie endlich mit der POTOMAC, einer Dehler 31, ablegen und auf die geplante Einhand-Segeltour rund um die Ostsee gehen. Trotzdem war ich keineswegs allein, denn mit 14 tägiger Verspätung wegen einer CORONA-Infektion konnte auch die zweite Dehler der ASG, die KaMa mit Familie Borof auf die Reise gehen und ab Stockholm mit mir gemeinsam auf die über 3000 Seemeilen lange Segeltour gehen.
Damit ich nicht ganz allein segeln muss, hatte ich gleich am 2. Tag sehr nette Reisebegleiter. Eine Schule Schweinswale, die das Boot 3 Stunden lang von Kühlungsborn aus sicher bis zur dänischen Seegrenze begleitet haben. Die Tiere dachten vermutlich sie wären Delfine, jedenfalls waren sie genauso verspielt. (Es sind einige hübsche Videos dabei herausgekommen)
Da mich Fam. Borof mit ihrer Dehler 34 erst noch einholen musste, konnte ich mir bis Stockholm viel Zeit lassen, das schöne Frühsommerwetter genießen und auch noch den Mälaren erkunden. Am 30. Mai um 15:15 Uhr lagen dann beide Schiffe nebeneinander im Västerbrohamne im Zentrum von Stockholm.
Von dort aus ging es über die Aland-Inseln zur Finnischen Küste und dann immer gen Norden über Kusikaupunki, Vaasa, Jakobstadt und Raahe zum eigentlichen Ziel der Reise.
Mehr als 1000 Seemeilen liegen hinter uns. Über den Kalmarsund, den Mälaren, Stockholm, die Alandinseln und die Finnische Westküste, haben wir 22.06.2022 quasie das Ende der Ostsee erreicht.
Gestern waren wir in Haparanda, dem östlichsten Hafen Schwedens. Nach Haparanda Hamn „pilgern“ viele Segler, um einen Stander von ihrem Heimatyachtclub (verziert mit dem Bootsnamen und dem Datum) im hiesigen Clubhaus aufzuhängen. Die Crew der KaMa und der Potomac haben dies auch getan und u.a. den Stander der ArsenalSegelGruppe (Kiel) hinterlassen.
Die 2 Tage davor haben wir in Raahe(FIN) verbracht, um dort auf den richtigen Wind für die knapp 70 sm lange Strecke zu warten. Gestern hat uns dann ein seichter Südwind nach Haparanda(SWE) geschoben und heute ging es mit kräftigem Südwest nach Törehamn.
Außerdem war gestern noch Midsommernacht, was natürlich gefeiert werden muss. Wir haben schön gegrillt und einen guten Schluck genommen. Nachdem wir heute auch noch die gelbe Tonne in Törre (den nördlichsten Punkt der Ostsee) umrundet haben, machen wir uns ganz gemütlich wieder auf den Rückweg. Dieser soll entlang der Schwedischen Küste bis zu den Aland-Inseln, dann wieder nach Finnland in Richtung Helsinki und von dort aus über Tallin und Riga zurück nach Schweden über Gotland führen.
Seit wir unser nördlichstes Ziel Törehamn und die gelbe Tonne erreicht haben, sind schon wieder einige Tage ins Land gegangen und weitere 500 Seemeilen gen Süden im Kielwasser geblieben. Nach Törehamn liefen wir Lulea an. Der Hafen liegt direkt in Citynähe. Hier haben wir einen Leihwagen genommen und sind zum Nordkap gefahren. Nach einigen Schwierigkeiten am Feiertag (Midsommer) einen Mietwagen zu bekommen, sind wir Freitag-Mittag mit dem Auto zum Zwischenziel nach Alta (Norwegen) rund 600 km gefahren. Hier hatten wir zwei Hotelzimmer gebucht.
Am nächsten Morgen ging es dann weiter die restlichen 250 km zum Nord Kap, wo wir gegen Mittag eintrafen. Auf verschiedenen Europa-Straßen, die erstaunlich gut asphaltiert sind, ging es also nordwärts. Dass dies eine durchaus anstrengende Fahrt ist, mit atemberaubender Kulisse die für alle Anstrengungen entschädigt, sei nur am Rande erwähnt.
Glaubt man aber, man sei auf der Fahrt dorthin allein mit der Natur ringsum, dann irrt man gewaltig. Unzählige Autos, WoMo’s und Busse fahren in die gleiche Richtung oder kommen einem entgegen. Erstaunt hat uns allerdings die große Anzahl an Fahrradfahrern und auch einigen Fußgängern , die das Ziel Nordkap haben bzw. hatten. Schwer beladen mit dem Nötigsten sind z.T . Steigungen mit bis 8% zu überwinden und das auf der Straße, da es keine eignen Fahrrad-, Fußwege gibt.
Am Ziel angekommen, hieß es erst einmal warten und sich in die Schlange der Autos für Eintritt und Parkplatz anstellen, denn auch hier ist man natürlich nicht allein. Am Kap gibt es ein großes Eventcenter und ein Hotel. Auf mehreren Ebnen sind eine Cafeteria mit Imbiss, ein Andenkenshop, Filmsaal, eine Geschichtsdokumentation zum 2. Weltkrieg und eben das Hotel (war übrigens ausgebucht) angeordnet.
Nach der langen Fahrt war natürlich ein Snack und Kaffee angesagt, bevor wir zum Rundgang am Kap aufgebrochen sind. Das Wetter – traumhaft und eigentlich nicht zu glauben : Sonne, fast Windstille und Temperaturen um die 15-18° C. Am Nachmittag ging es dann schon wieder südwärts Richtung Alta (zum Hotel), weil wir unterwegs noch verschiedene Aussichtspunkte besuchen wollten :
1. Ein als schöne Aussicht angepriesener Weg zu einer Felsenformation mit Bogen. Auf dem Rückweg zum Auto bin ich mal durch eine Herde Rentiere marschiert, die ein kleines bisschen mehr Angst vor mir hatten, als ich vor ihnen.
2. Zum Alta Wasserfall im Alta Canyon (den Canyon haben wir allerdings nur aus der Ferne gesehen haben, da der Fußweg bis dorthin zu lang gewesen wäre, um die Rückfahrt noch zu bewältigen).
Sonntag-Abend waren wir dann voller Eindrücke und leicht erschöpft wieder zurück am Boot.
Am 27. Juni haben wir den Hafentag in Lulea dann zur Stadtbesichtigung und zum Einkauf genutzt.
Unsere nächsten Aktivitäten waren dann wieder eher seglerischer Natur; siehe Hafenliste.
Bei recht wechselhaften Winden kreuzen wir durch die Schären immer in südlicher Richtung entlang der sehr imposanten „Högaküsten“. Auch waren wir in einer super idyllischen kleinen Bucht auf der Insel Mjältön, die die höchste Insel der Ostsee ist und haben von 236 Metern Höhe die Aussicht genossen. Jeder Segler trägt übrigens einen Stein auf den Berg, damit er bald noch etwas höher ist.
Häfen seit Lulea waren:
28. Jun : Renholmen (ankern)
29. Jun : Bjuröklubb
30. Jun : Ratan
01. Jul : Bredvik, Umea
02. Jul : Bredvik, Umea
03. Jul : Bredvik, Umea
04. Jul : Järnäsklubb
05. Jul : Järnesklubb
06. Jul : Idbyfjärden (ankern)
07. Jul : Mjältön
08. Jul : Härnösand
09. Jul : Sundsvall
10. Jul : Sundsvall
Nach 1800 sm war das erste Logbuch vollgeschrieben und das nächste musste aus der Reserve geholt werden. Es beginnt in Rödhamn auf den Aland-Inseln und der Weiterfahrt nach Verkan in Finnland versehen mit der Tagesbeurteilung „Wunderbare Fahrt durch die Aland- und Turku-Schären bei super Sommerwetter“.
Und genauso geht es weiter nach Turku und Helsinki. Zwei wunderbare Städte die einen Besuch lohnen und man den einen oder anderen Hafentag noch investieren könnte.
Von Helsinki bis Tallin sind es nur 43 sm, die bei dem richtigen Wind schnell geschafft sind. Bevor man in den Seglerhafen in der Altstadt kommt, fährt man noch direkt durch das Hafenbecken der Kreuzfahrer und Fähren von denen bestimmt 6 Stück da waren. Die Passagiere trifft man dann alle wieder in der beeindruckenden Altstadt wo es hinter jeder Ecke wieder etwas zu entdecken gab.
Von Tallin aus sind wir mal kurz gegen Wind und Welle um die Ecke gekreuzt und im nagelneuen 5* Hafen Kakumäe gelandet. Auf unserem Weg in Richtung Riga sind wir u.a. in Varbla, auch einem der vielen neuen Häfen an der Estnisch Küste gelandet. Ein ganz junger sehr netter Hafenmeister hat uns gleich beim Anlegen geholfen und als nächstes hat er flink die Deutsche Flagge an einem der Fahnenmasten gesetzt. Später trafen wir ihn dann wieder in Hafenrestaurant als freundlichen und umsichtigen Kellner.
Die letzten Tage haben wir dann mit Inselhopping verbracht und haben die Inseln in der Rigaer Bucht abgeklappert. Von Kihnu über Rihnu sind wir auf Saaremaa gelandet, wo wir auf günstigen Wind für die Weiterfahrt nach Ventspils gewartet haben.
Überhaupt ist die Windlage in den letzten Tagen recht kompliziert gewesen. Entweder stimmt die Richtung nicht oder die Stärke oder beides. Die Tour nach Riga und zurück hätte uns nach aktueller Lage etwa zwei Woche kosten und somit die Fahrt durch den Götakanal in Frage stellen können
Deshalb haben wir entschieden nur den nördlichen Bereich der Rigaer Bucht zu besegeln und dann von Ventspils aus mit dem Bus nach Riga zu fahren. Diese Tour war auch sehr schön. Nach drei Stunden schlafen im Bus ist man in Riga und kann sich in Ruhe die Altstadt und ein Museum anschauen. Dann noch gemütlich Abendessen und mit dem letzten Bus wieder zurück. Die Busruhe war auch nötig, denn auf Grund der Wetterlage sind wir noch vor Mitternacht aufgebrochen und die 86 sm nach Gotland gesegelt bzw. wegen zeitweiser Flaute auch motort.
Heute sind wir in Lickershamn gelandet und nach einer kleinen Wanderung zu den Jungfrauen (einer Gesteinsformation) wollen wir gleich noch Baden gehen und dann in der Sauna entspannen. Die weiteren Ziele sind dann Visby und der Götakanal. Und noch liegen wir ganz gut im nicht vorhandenen Zeitplan.
Weiter geht es also in Visby auf Gotland. Dorthin waren wir zuerst mit dem Bus von Lickershamn aus hingefahren, bevor wir dann am nächsten Tag mit dem Boot selbst im Hafen festgemacht haben. Visby ist noch vollständig von der alten Stadtmauer umgeben und weil auch zufällig gerade die alljährliche Mittelalterwoche stattfand, liefen ganz viele Menschen (auch ganze Familien) in Gewandung herum und man kam sich vor wie in der Zeit um 300 Jahre zurückversetzt.
Unter nahezu optimalen Windbedingungen ging es von Visby aus zurück zum Schwedischen Festland, wo wir erstmal in einer der vielen Ankerbuchten festgemacht haben. Von dort sind wir ganz in Ruhe über Västervik und Fyrudden wieder nach Norden gefahren, jeweils mit einem Tag Aufenthalt in einer lauschigen Bucht des Schärengartens.
Die Buchung eines Termins für den Götakanal war mit einigen Computerproblemen behaftet, hat dann aber doch noch geklappt und ab dem 22. August starteten wir von Mem aus in Richtung Göteborg. Nach einem kleinen Zwischenstopp in Stegeborg haben wir schon am 20.08. in Mem festgemacht, um uns und die Boote auf das neue Abenteuer „SCHLEUSEN“ vorzubereiten.
Am 22. um 09:00 ging es dann los mit dem Aufstieg zu neuen Höhen im Seglerleben. Zuerst wurden mal die Boote sortiert und entsprechend der Größe zu je 4 Stück in Gruppen aufgeteilt. Wir waren in der ersten Gruppe. Die ‚KaMa‘ wegen ihres Dingis an Bb-Oberdeck durfte mit Stb-Seite festmachen und weil wir nur die Skipperin der ‚KaMa‘ als Leinenfestmacher an Land haben, kam ich mit der ‚Potomac‘ gleich dahinter auch auf der rechten Seite der Schleuse zu liegen.
Auf der linken Seite lag noch ein Engländer und ein Schwede und schon war die Schleuse voll. Das Schleusen selbst ist eher problemlos, wenn man sich in den ersten drei Schleusen ein bisschen eingespielt hat mit den zwei Leinen auf den Winschen.
Es ist auch weniger körperlich anstrengend, sondern eher eine Frage der unheimlich langen Konzentration. Denn von 09:00 Uhr morgens bis zur letzten Schleuse 16:30 Uhr war eigentlich keine einzige Pause, zumindest nicht, wenn man auch die Kanalfahrt Solo bestreitet. Gut dass wir uns gleich nach dem ersten Tag zwei Tage Ruhepause gegönnt haben und im ‚Roxen‘ geblieben sind, um auf die nächste Gruppe, die am Mittwoch in Mem startet, zu warten. Dabei haben wir noch Linköping besucht, wo ich noch letzten November bei Schnee und minus 15 Grad zum Lehrgang war.
Heute nun waren die Schleusentreppen von Berg bis Borensberg an der Reihe. Nach der letzten Schleuse in Borensberg sind wir zum nächsten Italiener marschiert und haben uns eine große Pizza und ein kaltes Bier gegönnt. Und dann konnten wir noch herrlich unter Spi über den Boren nach Borenschult segeln, wo es morgens früh um 08:00 Uhr weitergehen sollte nach Motala.
Hurra!!! die 3000 sm Marke ist geknackt. Durch die vielen Schleusen und Brücken hat das allerdings recht lange gedauert, da man ja mehr auf der Stelle steht als wirklich voran kommt. Aber letztlich war es ja so gewollt und auch wirklich interessant und schön. Die großen Schleusen des Trollhättan Kanals sehen zwar imposant aus, sind aber am Ende einfacher im Handling als die Schleusen im Götakanal.
Eine ganze Woche haben wir dann auch noch im Vänern See verbracht und sind dort bis ganz nach oben nach Kristinestad gesegelt und über eine malerische Bucht, das Schloss Laxö und Spiken in Rauschefahrt bei viel Wind und Welle wieder zurück nach Vänersborg, wo der Trollhättankanal beginnt.
Der Zwischenstop in Trollhättan war auch sehr nett. Zuerst haben wir die alten Schleusenanlagen und den „stillgelegten“ Wasserfall beschaut und dann war zufällig am Abend auf dem Marktplatz noch ein Event mit mehreren Live-Bands.
Der nächste Stop war dann an der Burgruine Kungsälv bevor wir die letzten Hub- und Klappbrücken nach Göteborg genommen haben. In Göteborg waren wir gleich drei Tage. Zum einen wegen des Wetters (es war ausnahmsweise mal kein purer Sonnenschein bei Windstärke 3-4) und zum anderen hatte Jürgen, der Eigner der KaMa Geburtstag. Aus diesem Anlass habe ich für den Vortag ein Hotelzimmer auf der gegenüberliegenden Viermastbark „Viking“ gebucht, damit er in maritimer Atmosphäre mal ordentlich ausschlafen und mit einem üppigen Frühstücksbuffet in den Geburtstag starten kann.
Von Göteborg führte uns die Route dann über Varberg und Halmstad nach Helsingör und von dort weiter nach Dragör, immer mit mehr oder weniger reichlich Schiebewind aus NNW.
Am 21.09. sind wir von Klintholm aus in Richtung Gedser unterwegs und somit nur noch wenige Seemeilen von der Heimat entfernt. Morgen steht Fehmarn auf dem Plan, damit wir es bis zum Freitag nach Schilksee schaffen, wo eine kleine Absegelregatta der ASG startet.
Die letzten Fahrten von Fehmarn nach Schilksee und Eckernförde waren sehr entspannt, mit mäßigem bis keinem Wind.
Gestern haben wir schön in Eckernförde gegrillt und heute am 25.09.2022 noch ein Einlauf-Foto-Shooting in der Kieler Förde gemacht.
In Eckernförde hat mich gestern ‚mein‘ Schweinswal begrüßt und auch heute wieder verabschiedet.
Nach ca. 3200 sm Einhandsegeln bin ich und die POTOMAC wohlbehalten nach 139 Tagen, davon 99 Seetage, wieder im Heimathafen Kiel angekommen. Noch eine letzte Nacht an Bord und eine lange, erlebnisreiche Reise findet ihr glückliches Ende.